16.05.2007 - 20.05.2007
Bericht
Alle Jahre wieder – so auch dieses Jahr – versuchten wir eine Himmelfahrts-Kanutour bei wirklich schönem Wetter hinzubekommen, wie es uns aber seit Jahren trotz großer Bemühungen nicht mehr recht gelungen war… Dieses Jahr versuchten sich Jörg und Diana an diesem Experiment… Das Programm wurde ansprechend geplant, die Tour organisiert und genug interessierte Paddler fanden sich, die mitkommen wollten… Ob das den Wettergott gnädig stimmen würde?!?
Das Abenteuer konnte beginnen: Dieses Jahr im LSG Fürstenberger Wald- und Seengebiet sowie dem Naturpark Uckermärkische Seen, jener abwechslungsreichen Endmoränenlandschaft, die in der letzten Eiszeit vor ca. 12000 Jahren entstanden ist - eine Hügellandschaft mit vielgestaltigen Seen, Weihern, Mooren und Flussläufen…
Die Paddelwilligen fanden sich zum Teil schon Mittwochabend, der Rest Donnerstagfrüh ein… am Startpunkt in Fürstenberg, jener Wasserstadt inmitten von drei Seen zwischen ausgedehnten Buchen- und Kiefernwäldern... Doch das Wetter gestaltete sich eher wie üblich: kalt, regnerisch, windig, böig. Der Röblinsee präsentierte sich eher grau denn blau; die Wellen schlugen hoch und platschten in nicht gerade zahmer Art ans Ufer... Doch das ließ uns nicht schrecken; mit solchen Situationen wussten wir umzugehen: erst einmal ignorieren, flugs die Boote aus dem noch winterschlafenden Häufchen anderer Boote gezerrt und auf die Jungfernfahrt vorbereitet, heißt: das Gepäck in die üblichen blauen Müllsäcke verstaut, die Sitzkissen gerade gerückt und die Regenhosen übergestreift... Schon konnte uns (fast) nichts mehr passieren... Die Boote eins nach dem anderen zu Wasser gelassen und in See gestochen. Vom Röblinsee ging es gleich in den Havelkanal Richtung Stolpsee und Himmelpfort als nächste Etappenziele... Hatte sich der Wellengang im Havelkanal beruhigt, so türmten sich die Wellen dank windiger Böen umso höher im Stolpsee, einem der größten Havelseen der Region... und schwemmten uns förmlich an den Campingplatz Himmelpfort... Tja, ein Zurückkommen in die Havel gegen die Wellen schien nun für diesen Tag nicht mehr möglich und so beschlossen wir – entgegen der Planung – auf dem Campingplatz an Land zu gehen und die Zelte aufzubauen. Doch ein Kleinod des Tages stand uns ja noch bevor: Himmelpfort, jenes Örtchen aus dem 13. Jh. in idyllischer Lage zwischen Stolp-, Haus-, Moderfitz- und Sidowsee am Rande der Uckermark... Nachdem alle ihre nassen Hosen getrocknet und sich bei einer heißen Tasse gestärkt hatten, hatten wir noch ein Date
mit der ortskundigen Kräuterfrau von Himmelpfort: Sie empfing uns in märkischer Tracht und einem Korb duftender Kräuter unweit des Klosters, führte uns durch den Klosterkräutergarten und zeigte uns all jene jahrhundertealten Gewürze für Küche und Medizin, Duftstoffe für Parfüms, Kosmetika oder Färbemittel. Weiter ging es nun zu den Ruinen des ca. 700 Jahre alten Zisterzienserklosters coeli porta
(Pforte des Himmels), dem der Ort seinen Namen verdankt. Zunächst liefen wir zum begehbaren Labyrinth aus Feldsteinen, in welchem ein Jeder beim Durchlaufen seine Mitte finden konnte (sofern er denn wollte)... Nun wandelten wir ein wenig durch den Klostergarten mit herrlich alten Bäumen, durch die Ruinen bis zur Klosterkirche, welche heute die Dorfkirche ist. Hier verabschiedeten wir uns von der Kräuterfrau und ließen uns noch vom Himmelfahrtstrubel am Kloster mit Ständen und Bühne, die uns sowieso die ganze Zeit schon beschallte, gefangen nehmen. Und, wer schon immer wissen wollte, wo und wie eigentlich der Weihnachtsmann lebt, hatte dazu auch noch Gelegenheit, direkt auf dem Klostergelände... Vom ursprünglichen Plan, weiter noch in die Woblitz zu paddeln und dort der Naturschutzstation einen Besuch abzustatten, mussten wir wegen des Windes Abstand nehmen. Stattdessen widmeten wir uns gleich dem Grillen der mitgebrachten Würste und ließen uns den Salat dazu schmecken... Leider ließ der Regen nicht lange auf sich warten, so dass der Abend ein baldiges Ende in den Zelten fand.
Der nächste Morgen erstrahlte dagegen in herrlichstem Sonnenschein und alles deutete darauf hin, dass es ein schöner Tag werden würde. So paddelten wir denn auch gleich auf dem nun spiegelglatten Stolpsee zurück bis zum Havelkanal und weiter bis Bredereiche. Hier gab es eine schöne, typisch märkische Fachwerkkirche von 1689 zu besichtigen. Neben Barockaltar und einem handausgepreisten Kerzenständer aus dem 17. Jahrhundert, gab es noch Zeugen der hier 1839 gegründeten Schifferinnung zu sehen, in der Form, dass die 16-jährigen Mädchen, welche zum ersten Mal zum Tanz gehen durften, diesen Umstand mittels einer handbestickten Scherpe feierten... Mittlerweile gibt es aber sowohl die Schifferinnung nicht mehr als auch die Scherpen. Gut gestärkt nach einem opulenten Mahl fuhren wir weiter bis zu unserem Nachtquartier an der Schleuse Regow. Hier befand sich auch eine Ziegenkäserei samt angrenzendem Biwakplatz, auf welchem wir uns für die Nacht niederließen... Vorher wurde aber noch fachmännisch ein Lagerfeuer gezaubert, Wurst, Käse und Brot vergrillt, Gitarre und Mundharmonika gezückt und die letzten Liedtextkenntnisse zum Besten gegeben. Ein Biber wurde beim Abendmahl entdeckt und zu späterer Stunde breitete sich ein wunderbarer Sternenhimmel aus...
Am nächsten Tag fuhren wir - erneut bei schönstem Wetter - weiter auf der Havel durch die Kleine Schorfheide
, einer sehr ruhigen, menschenleeren, idyllisch anmutenden Gegend. Hier war ehemals Militärgelände und noch einige Schilder zeigen, dass die Landschaft noch teilweise munitionsverseucht ist. Zwei Schleusen hatten wir zu überwinden, bevor es in die nun beginnenden Templiner Gewässer ging... Über den Großen Kuhwallsee, die Schleuse Kannenburg und den Großen Lankensee paddelten wir nun zu unserem letzten Rastplatz über den Röddelinsee zum Campingplatz Röddelin. Hier wurden die Boote gesäubert und für dieses Jahr vom Paddeln verabschiedet, wieder bei Lagerfeuer und sternenübersäten Himmel.
Unseren letzten Tag widmeten wir mal nicht – wie sonst üblich – dem Paddeln, sondern dieses Mal der Fahrraddraisine auf dem Weg zurück von Templin nach Fürstenberg. Diese gibt es dort seit 1996, die Strecke ist ca. 30 km lang und befindet sich auf den Schienen der ehemaligen Zugverbindung zwischen Templin und Fürstenberg. Das war natürlich ein Abenteuer, denn kaum jemand hatte das dort schon einmal erlebt. So konnten wir die durchpaddelte Seenlandschaft durch Uckermark und Oberhavel noch einmal aus einer etwas anderen Perspektive Revue passieren lassen… Es gab einige Stellen zum Rasten und Natur genießen und auch einen kleinen Ausflug zu der Fachwerkkirche Kirchlein im Grünen
in Alt Placht, welche im 17. Jh. erbaut wurde und zusammen mit den umstehenden mehr als 500 Jahre alten Linden einen besonderen Reiz bildet. Einst seit den 70er Jahren über Jahrzehnte dem Verfall preisgegeben, wurde nach der Wende für das Kirchlein Geld gesammelt und so konnte sie Mitte der 90er Jahre originalgetreu mit Reetdach, Fachwerk und Farbgebung in Gelb-Blau wieder zu einem Kleinod in der Landschaft werden.
Mit soviel Natur, Kultur und Erlebnissen ausgestattet erreichten wir Fürstenberg bei schönsten Wetter und fast hochsommerlichen Temperaturen. Der Wettergott war uns endlich gnädig gewesen und hatte uns vier schöne Tage beschert. Doch Dank gilt vor allem Diana und Jörg, die sich sehr viel Mühe bei der Vorbereitung, Organisation und Durchführung gemacht hatten – da waren sich alle einig. Nun hoffen wir, dass sich für die Paddeltour im nächsten Jahr um dieselbe Zeit Organisatoren finden, die für die Weiterführung dieser Tradition sorgen. Bis dahin zehren wir von den diesjährigen Erlebnissen.
Anke Meißner